Bücher - Autoren

Fred Sellin

Aus der Amazon. de-Redaktion
Der Porträtierte zeigte keinerlei Interesse, die Arbeit an seiner Biografie zu unterstützen. So sehr Autor Sellin dies bedauert, versetzte es ihn doch in die Lage, völlig unvoreingenommen den Lebensweg des Tennisstars zu ergründen. Und - so raunt der Autor reichlich kryptisch - wer das Buch lese, verstünde, was gemeint ist.
Womöglich Andrea, Bobeles erste Freundin und eines der Asse, das Sellin aus dem Hut zaubert. Verliebt bis über beide Ohren, wurde sie dennoch Zeugin der ersten Ich-Oratorien der künftigen Rasenplatz-Lichtgestalt. Vielleicht ist auch jene Szene gemeint, in der der frisch gekürte Wimbledon-Champion seine hochbetagte Großmutter in einem Tobsuchtsanfall mit familiärem Bannfluch belegte, nur weil diese ein Kommunionsfoto ihres Enkels an eine Illustrierte verschachert hatte. Becker-Bilder, wie sie dem geheimniskrämerischen Familien-Clan vermutlich nicht recht gewesen wären. Von Sellin'scher Hofberichterstattung kann also kaum die Rede sein.
Beckers sportliche Triumphe bilden naturgemäß Mittel- und Höhepunkt in Sellins Buch. Die Prä-Becker-Ära bescherte uns wenig attraktive Einblicke ins Odenwald-Idyll Leimen, eine kreuzbiedere Häuslebauer-Welt voll Bausparverträge, C D U-Granden und einem Vater Becker, der sich gerne vom Bauleiter zum Architekten beförderte.
Die Karriere ging - Babs kam. Teil drei der Becker-Saga führt zurück in die Welt der spießigen Langeweile - diesmal nur auf höherem Niveau. Es kam, wie so oft, wenn der Reifungsprozess zweier Menschen sich auf Centrecourts und Vorstadtdiscos beschränkte. Barbaras Traumprinz (in den sie sich mit Ansage verliebte), erwies sich als primadonnenhafter, mürrischer Filzball-Despot. Aufgrund ausgefallener Grandslams im Hause Becker suchte Babs Zuflucht sowohl im Münchner Nachtleben als auch in veritablen Kaufräuschen - Symbole der Inhaltsleere mit bekanntem Ausgang.
In letzter Zeit geriet Boris, von Jasagern umgeben und ausgesprochen beratungsresistent, zunehmend in geschäftliche Schieflage. Nun steht Deutschlands Vorzeigesportler Nummer eins vor seinem womöglich größten Gegner: der Steuerfahndung. Am beständigsten aber, so der Autor, sei Boris Becker in der Veränderung, seiner einzig verlässlichen Größe. Und vielleicht hilft ja noch der Becker-Hecht. < I>-Ravi Unger

Falls Sie etwas verloren vor dem Angebot an Rühmann-Biografien stehen, weil Sie vielleicht ein Geschenk für Ihre Frau Mutter suchen, die den deutschen Superstar stets so sehr geschätzt hat: Greifen Sie zu Fred Sellin.
Sellin erzählt von allen Rühmann-Beschreibern am konventionellsten. Seine Geschichte hat Anfang und Ende. Vom Leben zum Tod geht es in elf Kapiteln, jedes davon trägt als Überschrift einen Filmtitel des Helden. Ein bisschen gewaltsam mutet das zwar manchmal schon an, aber es weist auch deutlich darauf hin, wie eng bei Rühmann Rolle und Leben, Figuren und Dasein ineinander verwoben waren.
Eine andere Rühmann-Biografie von Franz Josef Görtz und Hans Sarkowicz trägt den Untertitel Der Schauspieler und sein Jahrhundert. Zu Sellins Buch würde er an manchen Stellen - etwa für 1933 und die folgenden Jahre - besser passen. Die eigenartige Atmosphäre der deutschen Hauptstadt unter Hitler-Goebbels-Göring etwa, eine Mischung aus Terror und Euphorie, wird plastisch und nachvollziehbar lebendig.
Fred Sellin ist seinem Helden keineswegs kritiklos ergeben: Widersprüche in den Selbstaussagen Rühmanns benennt er, macht uns mit Affären und Lästerstimmen bekannt. Das alles verleiht dem Buch Glaubwürdigkeit und Farbe. Der Autor hat viel ausgegraben. Und er deckt die Widersprüche der Quellen nicht zu: Vom Kriegsende in Berlin etwa gibt es sehr verschiedene Lesarten, Sellin stellt sie - zu Recht - nebeneinander.
Die Filme Rühmanns illustrieren in diesem Buch zwar das Leben des Schauspielers, bilden mitunter wichtige Stationen, aber Sellin versagt es sich, diese Streifen zu Substraten deutscher Mentalitäten zu erklären. Viele Leserinnen und Leser werden ihm diese Zurückhaltung danken. < I>-Michael Winteroll

Aus der Amazon. de-Redaktion
Das wäre ein Name ganz nach Vaters Geschmack gewesen. In der Sowjetunion kamen Filme aus dem kapitalistischen Ausland erst mit jahrelanger Verspätung zur Aufführung. Kirk Douglas als meuternder Gladiator hatte den alten Herrn 1971 mächtig beeindruckt. Dem kühnen Namenswunsch für seinen Erstgeborenen schob die Mutter allerdings einen vehementen Riegel vor. Man stelle sich nur vor, sinniert Vitali, der berühmte Ringsprecher des Cesar? s Palace würde lautstark einen ? Spaartakuuuuus Kliiiiiitschkoooo? ankündigen. Es sollte anders kommen. Auf diesem ukrainisch-trockenen Humorlevel schreiten Vitali und Wladimir Klitschko noch einmal ihren Lebensweg ab. Was Vitali und ? fünf Jahre später ? Wladimir, in ihren Kinderjahren zu sehen bekamen, waren matschige Steppen und die öde Stacheldrahtwelt der Kasernen, in die der Offiziersvater in regelmäßigen Abständen versetzt wurde. Zuhause herrschte eine streng/liebevolle Hierarchie, ein Ordnungsprinzip, das die Brüder noch heute propagieren. Eine Kinderzeit in bedrohlicher Nähe zu den Atomwaffentests in Kasachstan lässt beide noch heute erschauern. Bald sollte in ihrer ukrainischen Heimat weitaus größere Strahlengefahr drohen. Nach spannenden Innenansichten aus dem sowjetischen ( Militär)-Alltag, werden die sportlichen Weichen gestellt. Alles begann mit einem Vortrag in der Schule. Ein gewisser Muhammad Ali, ein Schwarzer, hatte den Klassenfeind vorgeführt. Vitali war fasziniert, der Bruder folgte, dem Vater gefiels. Der Rest ist Geschichte. Das letzte Drittel des Buches bewegt sich im schillernden Kosmos zwischen Boxring, Talkshows, Werbeagenturen und Hollywoodstars. Die Marke Klitschko war im Westen angekommen. Erregend (und zähneknirschend) geschildert, die Momente, in denen die Legende bröckelte: Wladimirs spektakuläre Ko-Niederlage gegen Corrie Sanders, eine noch heute bittere Pille. Vitali musste dem ? Kleinen? gehörig den Kopf waschen ob der Laxheit seiner Lebensweise. Der durfte beim verletzungsbedingten Kampfabbruch des Bruders gegen Lennox Lewis Trost spenden. Der mysteriös verlorene Fight eines merkwürdig schwächelnden Wladimir gegen Lamon Brewster, verleitet die Kampfesbrüder zu wilden Verschwörungstheorien. Zusammenhalt ist eben alles. Große Literatur ist das von Boris Becker-Biograf Fred Sellin ins Deutsche gesetzte Buch nicht, wie eine Amazon. de-Leserin anmerkt, aber ein Punktesieg in Sachen Sowjet- und Sportreportage allemal. < I>? Ravi Unger